30. 01.

Zwischen Facebook und Staatstrojaner - Aktuelle Herausforderungen des Datenschutzes

Vortrag von Jörg Klingbeil, Landesbeauftragter für den Datenschutz in Baden-Württemberg, in der Universität Freiburg.

Mit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1983 wurde aus dem Stiefkind Datenschutz ein veritables Bürgerrecht. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit dem „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ die Anforderung an Parlament und Exekutive, Beschränkungen dieses Rechts nur auf Grund gesetzlicher Grundlage zuzulassen. Nüchtern ist heute nach 30 Jahren festzustellen, dass wir heute weiter denn je davon entfernt sind, über die Erhebung, die Speicherung und Verwendung unserer Daten selbst bestimmen zu können.

Polizei und Geheimdienste haben ihre sprunghaft steigenden Informationsbedürfnisse durch eine Flut von Sicherheitsgesetzen erfüllt erhalten und erhalten immer neue Befugnisse: Video-Überwachung des öffentlichen Raumes, automatische Kennzeichenerfassung, zentralisierte Datenverarbeitung der Sicherheitsbehörden, Rasterfahndungen. Ein Ende ist nicht absehbar und das Bundesverfassungsgericht ist zur letzten Hoffnung des Datenschutzes geworden.

Auch die Datenverarbeitung in der privaten Wirtschaft ist durch Datenschutzskandale in die öffentliche Aufmerksamkeit geraten: Rasterfahndung in Betrieben (Bahn), Sortierung der Arbeitnehmer nach Problempotentialen, Bespitzelung von Beschäftigten (Lidl), Handel mit Bankdaten von Handy-Kunden (t-mobile), Scoring der Kreditwürdigkeit (Schufa etc.), bis zur digitalisierten Erfassung von Häusern und Straßenzügen für neuartige Marketingstrategien (Google earth/street view), und natürlich die sozialen Netzwerke wie Facebook.

Die Datenschutzskandale der letzten Zeit zeigen in aller Deutlichkeit, dass die bestehenden Kontrollinstanzen nicht ausreichend sind. Vielmehr müssen sich die Datenschutzbeauftragten von den Sicherheitsbehörden vorhalten lassen, sie würden „Täterschutz“ betreiben, und von der Privatwirtschaft, sie würden die wirtschaftliche Entwicklung behindern und Arbeitsplätze gefährden.

Wie groß ist der Einfluss der Datenschutzbeauftragten? Sind sie nur Rufer in der Wüste? Können sie das ihnen von den BürgerInnen entgegengebrachte Vertrauen erfüllen? Oder ist etwa die Überwachung von öffentlichen Plätzen schon dann kein Problem mehr, wenn nur genügend gut lesbare Hinweisschilder aufgestellt sind?

Datenschutz, Datensicherheit und Transparenz auf allen Ebenen gehören zusammen. Einen wichtigen Beitrag hierzu können die Datenschutzbeauftragten leisten. Ob Datenschutz wirklich zum Bürgerrecht wird, hängt nicht zuletzt davon ab, dass insbesondere die jüngere Generation, die Generation Facebook, neben den Chancen auch die Gefahren erkennt, die etwa das Internet bietet. Hier wird derzeit viel Lehrgeld bezahlt.