Vortrag von Prof. Dr. Martin Brüne in Dortmund
Die gegenwärtige Psychiatrie steht vor der Frage, wie sie sich als wissenschaftliche Disziplin positionieren kann. Traditionelle phänomenologische und „biologische“ Zugangswege zum Verständnis psychischer Störungen scheinen immer noch zum Teil unvereinbar zu sein.
Darüber hinaus führen die Subdisziplinen der Psychiatrie ein Eigenleben ohne eine metatheoretische Klammer. Die evolutionäre Psychopathologie stellt eine solche Klammer dar: Zum Verständnis psychischer Störungen müssen über die proximaten Ursachen hinaus auch die sogenannten ultimaten Zusammenhänge verstanden werden, also Fragen nach dem potentiellen Anpassungswert eines Verhaltens. Dies ist für psychische Erkrankungen natürlich nicht so ohne weiteres möglich, stellen sie doch Extremvarianten ursprünglich angepasster Verhaltensweisen dar, ohne selbst Anpassungswert zu haben. Eine schwere Depression etwa hat sicher nichts mit Anpassung zu tun, wohl aber Mechanismen die die soziale Rangordnung regeln. Darüber hinaus können evolutionstheoretisch hergeleitete Überlegungen die psychiatrische Forschung bereichern, in dem sie helfen, überprüfbare Hypothesen aufzustellen. Beispielhaft dafür sind Verhaltensweisen, die aus Sicht der evolutionären Spieltheorie verständlich(er) werden oder auch Anpassungen auf hirnmorphologischer und zellulärer Ebene, wie etwa die bekannten Spiegelneurone oder auch die von Economo Neurone. Leider haben evolutionäre Aspekte der menschlichen Entwicklung bislang kaum Eingang in die Curricula der Universitäten gefunden. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung, will sich die Psychiatrie als Wissenschaft vom psychisch kranken Menschen profilieren.
Wo: | Hörsaal C-HS3 / Chemiegebäude TU Dortmund / Otto-Hahn-Straße 6 DE- Dortmund |
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Wann: | Mo 11. Jul 2011, 16:00 |
Veranstalter: | Fachgruppe Biologiedidaktik info@biologieundgesellschaft.de (nur Info) www.biologieundgesellschaft.de |
Eintritt: | frei |